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(De-)Konstruktion des Schönheitsempfindens und was wir dazu denken..

Eine Grundlage unserer Lookism-Kritik ist, dass das Schönheitsempfinden konstruiert und ansozialisiert ist. Wir wollen jedoch nicht das Gefühl, beispielsweise Gegenstände oder Landschaften schön/hässlich zu finden, angreifen. Unserer Meinung nach wird das Schönheitsempfinden erst im Bezug auf Individuen problematisch.

Es gibt den wissenschaftlichen Versuch, Schönheitsnormen biologisch zu erklären. Dieser sogenannte biologische Determinismus geht davon aus, dass das Schönheitsempfinden „angeboren“ sei(*1).
Geleitet von Urinstinkten sei jede_r ständig auf der Suche nach dem „attraktivsten“ Partner mit dem besten Genmaterial . Also sei der Grund, dass „schöne“ Menschen bevorzugt werden, der, dass sie die besseren Gene hätten. Diese Argumentation, die auf der darwinischen Evolutionslehre aufbaut, halten wir aus vielen Gründen für sehr problematisch. So ist sie beispielsweise heterosexistisch(*2), da nur von heterosexuellem Begehren ausgegangen wird(*3). Außerdem halten wir die Annahme, das Schönheitsempfinden sei nicht sozialisiert, für leicht widerlegbar. Das gesellschaftlich anerkannte Schönheitsideal variiert je nach Kultur, Zeit und sozialem Umfeld. So galten früher beispielsweise dickere Frauen als „schöner“ und in China waren bis ins 20.Jahrhundert kleine Füße der Inbegriff weiblicher „Schönheit“ und Erotik (die Kinderfüße der Mädchen wurden fest „geschnürt“ und die Zehen gebrochen(*4)).
Ob beispielsweise gebräunte Haut als „schön“ wahrgenommen wird, ist auch zeitlich und kulturell bedingt. Das Schönheitsempfinden ist also weder angeboren, „natürlich“ oder gänzlich individuell, sondern immer von sozialen Normen beeinflusst(*5). Daher denken wir, dass auch wenn viele Menschen behauptet, ihr Schönheitsempfinden sei „total individuell“, dieses trotzdem (und das nicht zufällig!) in vielen Punkten mit dem gesellschaftlichen oder szeneinternen Schönheitsideal übereinstimmt.

Und „Schönheit“ lässt sich nicht ohne „Hässlichkeit“ denken, wodurch es zwangsläufig zu einer Hierarchisierung von Individuen kommt. Außerdem wird das „schön - hässlich“ Wertesystem auch oft an der eigenen Person angewendet,was zu einer Beurteilung des eigenen Körpers führt - mit den oft einhergehenden Minderwertigkeitsgefühlen(*6) bis hin zu Essstörungen(*7).
op´s Es gibt den Slogan „Liebe deinen Körper, wie du bist“, der selbst in sogenannten „Frauenzeitschriften“ zu finden ist, während andererseits normentsprechende Körper gezeigt werden und die Wichtigkeit des Äußereren betont wird. Wie also soll die Akzeptanz des eigenen Körpers vorbehaltslos funktionieren, solange es gesellschaftliche/szeneinterne/.. Normen von „schön“ und „hässlich“ gibt?

Uns geht es aber nicht darum, das Schönheitsempfinden gegenüber anderen „individueller“ zu prägen(*8), sondern sich gänzlich von Klassifizierungen von Körpern in „schön“ und „hässlich“ zu trennen.
Das bedeutet aber nicht , dass mensch niemanden mehr schön, im Sinne von toll/angenehm/sexy/..., finden soll.
Wir denken, dass es genug andere Möglichkeiten und Gründe gibt, sich selber und andere zu mögen (was sie_er tut und sagt)(*9). Doch dieses Umdenken muss ein Prozess sein, da wir von klein auf darauf getrimmt werden, Körper zu beurteilen. 
Also geht es uns nicht um ein „sie_er sieht zwar hässlich aus, aber..“. Genauso wie bei der Beurteilung von anderen Geschlecht und Hautfarbe nicht nur eine untergeordnete Rolle, sondern gar keine spielen sollten, sollte unserer Meinung nach ein Individuum generell nicht aufgrund bestimmter Körperformen/-Merkmale auf- oder abgewertet werden.

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Links dazu:
-Artikel über die, je nach Kultur und Zeit unterschiedliche, „Bearbeitung“ des Frauenkörpers: „Mast- oder Hungerkuren, chinesische Fußwickel oder Pumps, Schmucknarben oder Genitalpiercing - der Frauenkörper gilt weltweit als Rohdiamant, der erst bearbeitet schön wird“ http://www.freitag.de/1999/07/99071801.htm

 

(1)Mit ähnlichen Argumenten wird Geschlecht naturalisiert. Geschlechterordnung und -rollen werden als „natürlich“ dargestellt und dadurch biologisch gerechtfertigt.
(2)Heterosexismus ist das Denken und Verhalten, Heterosexualität als sexuelle „Normalität“ und als anderen Formen sexueller Orientierung überlegen einzustufen. http://de.wikipedia.org/wiki/Heterosexismus
(3)Dazu die Theorie zum Taille-Hüft-Verhältnis und weiblicher „Attraktivität“: „Männer haben im Lauf der Evolution gelernt, intuitiv die biologische Fitness einer Frau zu erkennen, zum Beispiel anhand der Taille-Hüfte-Relation. Im optimalen Fall liegt sie bei 0,7 und ist unabhängig von Moden oder Körperidealen immer gleich geblieben.“ http://www.3sat.de/3sat.php
(4)Dazu hier Ausführlicheres: http://www.dradio.de/dlr/sendungen/merkmal/145643/
(5)Gesellschaftliche Schönheitsnormen dienen immer auch der Absicherung von Macht- und Herrschaftverhältnisse. Das ist auch daran erkennbar, dass sie patriarchal (bei Frauen äußere „Schönheit“ bedeutender als bei Männern) und rassistisch (weltweit westlich-weißes Schönheitsideal vorherrschend) geprägt sind.
(6)Diese Minderwertigkeitsgefühle wirken sich negativ auf das Selbstbewusstsein aus. Damit wirken Menschen, die als „hässlich“ bewertet werden/wurden oder sich so fühlen, oft noch „unattraktiver“ - denn ein geringes Selbstbewusstsein wird häufig als „unattraktiv“ wahrgenommen(bzw. starkes Selbstbewusstsein/Selbstsicherheit als „anziehend“).
(7)Selbst, wenn ein Mensch zufällig der gerade herrschenden Norm nach als „schön“ klassifiziert wird, muss diese Person aufpassen, ihren_seinen Wert zu erhalten (also „schön“ zu bleiben) bzw. muss Angst davor haben, diesen Wert (durch Alterungsprozesse, Beenden der Diät, etc.) zu verlieren. Obwohl sie_er bevorteilt wird, wird sie_er unter Umständen auf das Aussehen reduziert und unterliegt sozialen Normen mit dem damit verbundenen Druck, diesen gerecht zu werden.
(8)Wir denken auch, dass eine gänzliche Individualisierung kaum möglich wäre (und falls doch, nach welchen Massstäben?).Wenn schon ein „Umdenken“ stattfindet, kann sich auch ganz davon verabschieden werden.
(9)Bzw. gibt es weiterhin genug Gründe, Menschen (aufgrund ihrer Handlungen) nicht zu mögen...